App-Test »PalmOil Scan«: Wie viel Nachhaltigkeit kann in Palmöl stecken?

Stand:
Palmöl ist nicht gleich Palmöl - und dessen Produktion muss nicht unbedingt umweltschädlich sein. Das ist zumindest die Botschaft, die der Produktscanner "PalmOil Scan" vermitteln möchte. Aber kann die App mit dieser steilen These und ihren Funktionen überzeugen?
Illustration eines Tigers in blühender Landschaft aus der App "PalmOil Scan"

Hinter PalmOil Scan steht die World Association of Zoos and Aquariums, kurz: WAZA. Zur dieser weltweit operierenden Dachorganisation für Zoo- und Aquarien-Verbände gehören in Deutschland unter anderem die Deutsche Tierpark-Gesellschaft, der Verband der Zoologischen Gärten und der Deutsche Wildgehege-Verband, die aber nicht unmittelbar an der Entwicklung der hier vorgestellten App beteiligt sind. Deren beabsichtigter Mehrwert setzt sich aus zwei Aspekten zusammen: Zum einen können Verbraucher:innen mittels eines Produktscanners Lebensmittel und Kosmetikprodukte, die Palmöl enthalten, auf ihre Öko- und Fairtrade-Bilanz testen; zum anderen möchte PalmOil Scan darüber informieren, dass der Einsatz des Pflanzenöls, dessen Produktion in den vergangenen Jahrzehnten maßgeblich zur Rodung der Regenwälder beigetragen hat, nicht zwangsläufig so schlecht ist wie sein Ruf. Zumindest, wenn es sich dabei um zertifiziert nachhaltig produziertes Palmöl handelt.

Off

Name: PalmOil Scan
Anbieter: WAZA [World Association of Zoos and Aquariums] (www.waza.org)
Kategorie: Produktscanner
Zielgruppe: Erwachsene
Betriebssystem: iOS | Android
Preis: kostenlos
Links: Apple App Store | Google Play Store

Auf die Marke kommt es an

Die Wahl des Landes beim erstmaligen Start von PalmOil Scan lässt erkennen, dass Verbraucher:innen in Deutschland mit Einschränkungen beim Einsatz der App rechnen müssen. Aktuell ist das kostenlose Angebot nur mit einer für englischsprachige Länder wie die USA, Großbritannien, Australien und den Stadtstaat Singapur optimierten Datenbank ausgestattet. Da diese Tausende Produkte von weltweit operierenden Lebensmittelkonzernen wie Nestlé, Mondelez, Kraft, Danone, PepsiCo, Mars und Unilever enthält, ist PalmOil Scan aber auch in unseren Breiten zum Scannen von Markenartikeln einsetzbar. Hiesige Discounter-Produkte und regionale Handelsprodukte werden jedoch nicht erkannt.

Schulnote 2- beim Datenschutz

PalmOil Scan stellt aufgrund seines schmalen Funktionsumfangs keine besonderen Hardware-Anforderungen und funktioniert auch auf älteren Smartphone-Modellen problemlos. Die Größe der App von rund 80 Megabyte (in der v3.2.3 für Android-Geräte) ist auf die lokal auf dem Smartphone gespeicherte Produktdatenbank zurückzuführen. Dafür ist man aber für die Nutzung der App nicht auf mobile Daten oder einen Wlan-Hotspot angewiesen, sondern kann in Supermarkt und Drogerie auch offline scannen.

Eine Registrierung ist nicht erforderlich. Welche Daten beim Einsatz von PalmOil Scan allerdings in welcher Form und an wen übermittelt werden, muss man selbst herausfinden. Die App selbst hält keine Informationen zu Nutzungsbedingungen und Datenschutzbestimmungen bereit. Nur bei Google Play findet sich der Hinweis, dass Nutzerdaten verschlüsselt übertragen und nicht an Dritte zu kommerziellen Zwecken weitergegeben werden. Auf der Homepage des Cheyenne Mountain Zoo, der die App im Auftrag der WAZA vertreibt, finden wir zwar Datenschutzbestimmungen, diese gelten aber nur für das Webangebot des Tierparks. Zwar halten wir die App aufgrund ihres Verzichts auf Cookies und die Abfrage des Standorts und anderer sensibler Daten hinsichtlich Verbraucherschutzbelangen für eher unbedenklich, dennoch wäre hier mehr Transparenz wünschenswert. 

Die Suche nach dem "guten" Palmöl

PalmOil Scan bietet alternativ zur Produktsuche mit der Smartphone-Kamera auch eine Textsuche an. Herzstück der App aber ist das Scannen von Barcodes auf Lebensmittel- und Drogerieartikeln. Handelt es sich dabei um das Produkt eines global Handel treibenden Konzern, wird dies in den meisten Fällen gefunden. PalmOil Scan unterscheidet bei der qualitativen Bewertung nicht zwischen den verschiedenen Artikeln eines Herstellers, sondern attestiert dem Unternehmen produktübergreifend, in welchem Maße es nachhaltig produziertes Palmöl verwendet. Beispielsweise werden Ferrero-Produkte wie Nutella oder Hanuta, die einen hohen Anteil des pflanzlichen Fettes enthalten, genauso mit "excellent" bewertet wie Mon Cheri oder Tic Tac, die wenig oder gar kein Palmöl enthalten. Streng genommen sollte man hier also von einer Herstellerbewertung statt einer Produktbewertung sprechen. Per Fingertipp erstellt die App auf Wunsch auch eine E-Mail, in der man den persönlichen Wunsch nach mehr unternehmerischer Verantwortung bei der Verarbeitung von Palmöl äußern kann und die der App-Anbieter im Namen der Verbraucherin oder des Verbrauchers an das jeweilige Unternehmen weiterleitet.

 

Beispielhafte Screenshots von Funktionen der App "PalmOil Scan"
Die Nachhaltigkeits-Ampel in "PalmOil Scan" verrät, welche Unternehmen sich mehr und welche weniger für die Produktion und Verarbeitung von zertifiziert nachhaltigem Palmöl stark machen.  (Quelle: Screenshots)

Kontrolle ist gut - Verantwortung übernehmen ist besser

In die Bewertung lässt PalmOil Scan mehrere Faktoren einfließen, aus denen sich die Wertungen (Ratings) "excellent", "good", "poor" oder "no commitment" errechnen. Dafür ist unter anderem die Mitgliedschaft in der gemeinnützigen Organisation Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) sowie der Einsatz nachweisbar nachhaltig produzierten Palmöls in der Produktion relevant. Die Standards hierfür werden von der RSPO definiert, die auch für die Kontrolle der Mitgliedsunternehmen verantwortlich ist. Die App informiert in englischer Sprache hierüber und auch zu den Beweggründen der WAZA, sich für den kontrolliert nachhaltigen Palmölanbau stark zu machen. Diese entsprechen der zeitgenössischen wissenschaftlichen Einschätzung, dass ein Boykott oder Verzicht auf Palmöl für die Lebensmittelherstellung, aber auch für Biosprit, Waschmittel und Kosmetik, zu einem ökologisch und sozial ähnlich desaströsen Ausweichen auf andere Pflanzenöle führen würde. Wiederum wären davon vor allem die artenreichen Äquatorregionen wie Malaysia und Indonesien betroffen, in denen zudem viele Menschen von diesem Wirtschaftszweig abhängig sind. Entscheidend ist auch hier, wie so oft, nicht zwangsläufig der Verzicht, sondern ein verantwortungsbewusster Umgang aller Menschen mit diesem Rohstoff. Weitere Informationen hält auch das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) bereit

Fazit

Mehr noch als ihr (hierzulande eingeschränkter) Funktionsumfang empfiehlt sich PalmOil Scan als Startpunkt für die Auseinandersetzung mit einem ökologisch wie wirtschaftlich wichtigen Rohstoff. Wer Produkte auf die Verwendung von Palmöl prüfen und bestmöglich vermeiden möchte, dem seien Angebote wie Yuka oder CodeCheck nahegelegt. Bei Interesse am Umgang von Lebensmittelkonzernen mit dem seit Jahrzehnten kontrovers diskutierten Pflanzenöl und den damit verbundenen wirtschaftlichen und politischen Fragen ist PalmOil Scan aber einen Download wert.

Handhabung5 Sterne
Spaß2 Sterne
Mehrwert3 Sterne
Motivation3 Sterne
Datensparsamkeit4 Sterne
Gesamtwertung3 Sterne

Haben Sie Hinweise, Korrekturen oder sonstiges Feedback zu unserem App-Test? Ich freue mich über Ihre E-Mail an lohmeier[at]vz-bln.de. Danke für Ihr Interesse! (Patrick Lohmeier)

ClimApps Check Icon

CliMapps - Spielend einfach Klima schützen!

CliMapps ist Ihr vertrauenswürdiger Begleiter durch die Welt der Klimaschutz-Apps. Wir testen digitale Lösungen für mehr Nachhaltigkeit und umweltbewussten Konsum im Alltag. Und was uns dabei ganz wichtig ist: Es soll Spaß machen!

Förderhinweis BMUV

Fernbedienung wird auf Fernseher gerichtet

Klage wegen service-rundfunkbeitrag.de gegen SSS-Software Special Service GmbH

Die SSS-Software Special Service GmbH macht auf service-rundfunkbeitrag.de nicht ausreichend kenntlich, dass sie Geld für eigentlich kostenlosen Service verlangt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband klagt vor dem OLG Koblenz auf Unterlassung und hat eine Sammelklage eingereicht.
Grafische Darstellung einer Frau, die ungeduldig auf ihre Armbanduhr schaut. Rechts daneben befindet sich das Logo von Cleverbuy, darunter eine Grafik von einem Smartphone, von der ein roter Pfeil auf einen Stapel Euroscheine führt. Rechts daneben befindet sich ein großes, rotes Ausrufezeichen, in dem "Warnung" steht.

Warnung vor Cleverbuy: Auszahlung lässt auf sich warten

"Clever Technik kaufen und verkaufen" heißt es auf der Website der Ankaufplattform Cleverbuy. Gar nicht clever ist die oft lange Zeit, die verstreicht, bis Nutzer:innen ihr Geld für Smartphone und Co. ausgezahlt bekommen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) warnt daher vor dem Anbieter.
Besorgt dreinblickender Mann, der auf seine Kreditkarte schaut, während er mit seinem Mobiltelefon spricht.

Der vzbv stellt fest: Banken tun nicht genug gegen Kontobetrug

Opfer von Kontobetrug bleiben in vielen Fällen auf dem Schaden sitzen, denn: Banken werfen ihnen grobe Fahrlässigkeit vor. Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) müssten Banken jedoch mehr tun, um Verbraucher:innen zu schützen.